Egersdörfer beginnt sein Programm mit einem standesgemäßen „Guudn Ohmd“ (Guten Abend), das sich im Tonfall durch eine Neutralität auszeichnet, welche ihm alle Möglichkeiten offenlässt und das Publikum noch in verklärter Zuversicht wiegt im Hinblick auf das, was es im Folgenden zu erwarten hat. Trotzdem lacht es schon bei diesen ersten beiden Worten. Das liegt wohl daran, dass an dem Egersdörfer eine Grundlustigkeit haftet, zugleich aber auch das Parfum des Kleinbürgers und Parttime-Stänkerers, der nicht nur nasale Tiefbohrungen vornimmt, von denen er in aller Pracht und Herrlichkeit zu berichten weiß, sondern auch in die Asse unser aller Kleingeistigkeit hinabsteigt und von dort die unliebsamen Kontaminierungen hervorholt. „Ich mein’s doch nur gut“ setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Geschichten. Es geht um das Kochen von Königsberger Klopsen, den ersten Schultag, eine böse Grundschullehrerin, wollene Strumpfhosen, einen Zirkusbesuch, die Heilsgeschichte, den Tod, das Bahnfahren, es geht ums Popeln, Thunfisch, Brezelmänner und um die Biene Gundel. Im Zentrum der Geschichten befindet sich stets Matthias Egersdörfer, mal als schulpflichtiges Kind, welches bereits in diesem frühen Alter mit den Unbilden des Lebens umzugehen hat, mal als erwachsener Beobachter und Erleidender, der mittels der Gabe des Phantasierens mitunter ganz neue Wege findet, den irdischen Widrigkeiten zu begegnen. Die sprachliche Spanne ist enorm. Sie reicht von leisen, poetischen Tönen mit ausgesucht ziselierter Wortwahl bis hin zu donnernden Verbalgewittern, bei denen der egersdörfersche Mund schäumt und die Bildhaftigkeit des Gesprochenen manchen Mündern im Publikum spitze Schreie entreißt. Ebenso komplex ist die Figur Egersdörfer, der es gelingt, sich auf selbstherrliche Weise hoch zu stilisieren und das Publikum zu maßregeln und im selben Moment der kleine Mann zu bleiben, voller Unzulänglichkeiten und Boshaftigkeit, der sich abstrampelt und dem es völlig Wurst ist, was andere von ihm halten.
Die CD ist genau das Richtige für all jene, die einfach nur zuhören wollen und die der Anblick vom Egersdörfer schlichtweg überfordern könnte. Aber auch die Vorteile der DVD liegen auf der Hand. Es sind ein paar Geschichten mehr dabei wie die von den Lampenspinnen oder dem 5-Cent-Föhn. Man kann den Egersdörfer in voller Pracht anglotzen, sein Lesegesicht bewundern, wenn er u. a. die Geschichte vom leichtgebauten Fräulein vorliest, und man kann das Publikum beobachten, wie es klatscht, johlt und sich nicht nur einmal voller Angstlust die Hände vor’s Gesicht schlägt. Als Bonusmaterial winken eine Homestory und ein Interview, in denen Matthias Egersdörfer superprivat und hochemotional Einblick in sein Innerstes gibt. Das wiederum könnte aber auch doch für die CD sprechen. Hör-CD (live), 71 Minuten
Hör Kunst bei Kunstmann, 2011