„Defizite sind in der Kunstwelt oftmals Auslöser für große Werke.“ (ME, 29.11.2008, Hamburg-Winterhude)
Nicht nur für ein Konzert mit Fast zu Fürth, sondern auch für diese CD benötigt man eine feste mentale Basis und einen wackeren Humor. Es reicht ein Blick auf das Cover, um das zu begreifen: Fünf Männer in weißer Doppelripp-Unterwäsche, den Zenit ihrer Fragwürdigkeit erreicht, stehen knieftief in einem Teich.
Der in Hamburg-Winterhude auf CD gebannte Auftritt von Fast zu Fürth ist beispielhaft für diese Band und zugleich ohne Beispiel: Mit beherzten Schritten und weitgeöffnetem Herzen breiten Fast zu Fürth ein buntes Frühlingsbouquet mit selbst ausgedachtem Liedgut, gecoverten Melodien, Kirchweihsongs, abenteuerlichen Anmoderationen und wilden Improvisationen vor uns aus. Die Stringenz, mit der alle Regeln der Kunst und des konventionellen Geschmacks umfahren werden, hat Methode. Alles ist Absicht, kommt aber unbedarft rüber. Etwa in dem improvisierten Stück Vogel. Hier sprechsingt sich Egersdörfer ein wenig in Rage, nur weil ein Vogel in der Fußgängerzone an einem Brötchen pickt und darüber die Bibelstelle vergisst, an der es heißt, nur wer sät, solle auch ernten. Den Zwang zur politischen Korrektheit hat die Band weit, weit hinter sich gelassen, wenn er überhaupt je bestanden hat. Selbst die gesunde Ernährung kriegt ihr Fett weg. Oftmals beginnen Songs in gebräuchlicher Ausstattung – mit Melodie, erstklassigem Text und unter Zuhilfenahme von schönen Kleinstinstrumenten wie Maultrommel und Heuler. Aber wenn das Publikum kurz davor ist, die Feuerzeuge auszupacken oder Teddys auf die Bühne zu werfen, hebt die Band zum Streich an und alles gerät aus den Fugen und direkt in eine Improvisation hinein, von der man sich lange nicht erholt. Der eine kann nicht mehr aufhören in sein Saxofon zu brüllen, der andere legt ein thrillerreifes Gelächter hin. Da muss Sänger und Moderator Egersdörfer selbst zugeben: „Das hat nichts mehr mit Unterhaltung zu tun!“ Anderseits stellt er auch fest: „Das Prekariat klatscht sich die Seele aus dem Leib. Heute ist Stimmung Trumpf“. In der Tat kann die Stimmung nie sinken. Das Konzert ist sehr abwechslungsreich. Neben Balladen, in denen die Antwort auf alle grundlegenden Fragen gegeben werden (Wenn es regnet, wirst du nass. Wenn du kein Geld hast, bist du arm ...) gehören auch kernige, angenehm frauenfeindliche Kirchweihlieder, Eigenkompositionen sowie Neuvertextungen bekannter Extrem-Melodien (Wannabe von den Spice Girls) zum Gesamtpaket dieser ausgewogenen Band. Ein zum Weinen schönes Liebeslied, das allerdings in der Hölle des Beziehungsalltags endet, und die absurden, dadaistischen Improvisationen, eigentlich Musik-Lied-Ton-Geräusch-Performances, wie Kaffeemaschin (Kaffeemaschin is kaputt. Scheiße .... Dann trink mer halt’n Tee ...) runden ein jedes Konzert aufs Vortrefflichste ab. Neben dem erwähnten Matthias Egersdörfer (Gesang, Texte, Moderation) wirken an der Sexy Baby-CD mit: Christian Betz (Gesang, Gitarre, Kazoo, Heuler, Texte, Kompositionen), Lothar Gröschel (Gesang, Akkordeon, Tradierung fränkischer Musik), Philipp Moll (Gesang, Maultrommel, Waschbrett, Heuler), Rob Stephan (Gesang, Saxofon).
Diese CD gehört in jeden Haushalt. Sie kann auch hervorragend als Waffe gegen unliebsame Gäste eingesetzt werden.
Audi-CD (live), 79 Minuten
Aufgenommen am 29.11.2008 im Goldbekhaus, Hamburg
27 Titel
WortArt, 2009
01 Guten Abend Winterhude
02 Wischen
03 Arbeiter und Hotels
04 Sag was du magst
05 Hitansage
06 Tag der offenen Tür
07 Villen und Frauen
08 Sexy Baby
09 Antworten
10 Wenn es regnet
11 Der Schrank
12 Maus im Haus
13 Liebste
14 Herr Stefransky
15 Manuela
16 Herr Butz
17 Haus auf Sand
18 Herr Grömpfel
19 Der Vogel
20 Raindrops
21 Herr Möll
22 Frösche
23 Fackel
24 Kaffeemaschin
25 Zombiefrau
26 Vier Jahreszeiten
27 Links geht´s ins Puff